Steigende Zinsen und ihre Auswirkungen auf Verbraucherkosten

Überall in der westlichen Welt litten Verbraucher zuletzt unter zwei Effekten: Hohen Inflationsraten gepaart mit einem steigenden Leitzinsniveau, mit dem die Notenbanken wiederum die Inflation nachhaltig reduzieren wollen. Das wirkt sich in direkter Art und Weise auf laufende und sporadisch auftretende Verbrauchskosten aus – von der Supermarktkasse bis hin zu fälligen Raten bei Darlehen ohne langjährige Zinsbindung.

 

Das Leben wird teurer – in der Schweiz ebenso wie im restlichen Europa

Während die Europäische Zentralbank den Leitzins für die Euro-Währung erst kürzlich auf 4,25 Prozent erhöhte, was den rasantesten Zinsanstieg seit der Einführung der europäischen Währung darstellt, profitieren Schweizer Verbraucher noch vom relativ moderaten SNB-Leitzins von 1,75 %. Doch auch die Schweizer Nationalbank stellte bereits in Aussicht, dass es bei diesem Zinsniveau nicht bleiben wird. Diese Einschätzung teilen auch große Schweizer Geldhäuser, wie die Zürcher Kantonalbank, die von einer weiteren Erhöhung um 25 Basispunkte (auf dann 2,0 % Leitzins) im September ausgeht.

Die Zinserhöhungen, ob nun in der Schweiz durch die SNB, in Europa durch die EZB oder in den USA durch die FED, haben allesamt ein gemeinsames Ziel: Die Inflationsrate muss wieder herunterkommen. Zuletzt wurden in der Schweiz im Juni Inflationsraten von 2,5 Prozent verkündet. Damit stehen die Eidgenossen noch weitaus besser da als beispielsweise die Euro-Zone – wo sich trotzdem erhebliche Unterschiede zeigen, wie beispielsweise die Inflationsrate Spaniens (unter 2 %) und Deutschlands (rund 6,5 %) deutlich zeigt. Diese Unterschiede begründen sich unter anderem mit fiskalpolitischen Maßnahmen der jeweiligen Regierung – während Spaniens Regierung großzügig subventioniert, beispielsweise durch eine Reduzierung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel, fanden in Deutschland dahingehend keine nennenswerten Maßnahmen statt.

Alain Berset und seine Schweizer Regierung können die Entwicklung noch relativ gelassen beobachten, doch auch in der Schweiz merken Verbraucher an vielen Stellen die Veränderungen – nicht zuletzt durch den Zusammenbruch der Credit Suisse, der ebenfalls maßgeblich durch den Kursverfall von Obligationen, bedingt durch die Zinserhöhungen der Zentralbanken, getrieben wurde.

Auf steigende Zinsen reagieren – mit Guthaben ebenso wie Verbindlichkeiten

Ein steigendes Zinsniveau kann für Verbraucher Vor- und Nachteile haben. Wer über ausreichend Barmittel und Guthaben verfügt, kann diese fortan wieder auf Tages-, Festgeld und Co. verzinsen lassen. Wer hingegen laufende Finanzierungen hat, wird den Unterschied, bei fehlender oder ausgelaufener Zinsbindung, an den fälligen Kreditraten bemerken. Auto- oder Immobilienfinanzierungen ohne eine feste Zinsbindung werden also teurer. Das gilt ebenso für den Dispokreditzins, den die Banken bei Überziehung und Nutzung des Dispositionsrahmens veranschlagen. Einen Dispokredit durch Ratenkredit ablösen ist immer sinnvoll – so können Verbraucher kurzfristigen Geldbedarf statt mit exorbitanten Zinssätzen von knapp 20 % immerhin mit nur rund 4 % decken.

Generell geben Zinsveränderungen, ob in Form von Senkungen oder Erhöhungen, immer Anlass zur Überprüfung von laufenden Krediten. Da lässt sich mitunter viel Geld sparen, wenn teure Kredite durch günstigere Darlehen abgelöst werden. Bei dem Prozess, der Umschuldung heißt, wird die Kreditsumme des neuen Darlehens genutzt, um die Restschuld des alten Kredits frühzeitig abzulösen.

 

In diesen Bereichen merken Verbraucher steigende Zinsen besonders

Zunächst einmal: Sowohl steigende Zinsen als auch Inflationsraten über der Norm machen das Leben teurer. Die offensichtlichen Beispiele, langlaufende Finanzierungen ohne noch vorliegende Zinsbindung für Automobile oder Immobilien, wurden bereits im vorherigen Abschnitt dargelegt. Wer sein Konto überzieht, wird über den Dispositionskredit ebenfalls «Opfer» der höheren Zinsen.

Aber auch abseits solcher größeren Darlehen kommt es zu ganzheitlichen Auswirkungen. Dabei ist zu wissen, dass viele Branchen zwangsläufig auf Fremdkapital angewiesen sind. Wenn sich die Kosten für Unternehmen erhöhen, bedingt durch den geltenden, höheren Zins auf das Fremdkapital, werden derartige Kosten zwangsläufig an die Endverbraucher weitergeben. Deshalb ist, auch aufgrund der Inflationsrate, generell mit einer Verteuerung zu rechnen – die sich auf die Zahlung an der Kasse im Supermarkt ebenso auswirkt wie auf nahezu alle anderen Konsumwaren.

Parallel dazu leiden einzelne Branchen besonders unter höheren Zinsniveaus. Die Braubranche beispielsweise, die aufgrund der Corona-Pandemie und später des Ukraine-Kriegs sowieso mit enorm gestiegenen Kosten zu kämpfen hat, muss nun auch noch höhere Finanzierungskosten stemmen. In der Folge wird die Bauaktivität entweder abnehmen, es wird also weniger gebaut, oder die Bauunternehmen sind in der Lage die höheren Kosten an Verbraucher weiterzugeben – dann erwarten diese nicht nur höhere Reinkosten für den Neubau, sondern parallel dazu noch höhere Finanzierungskosten durch ihre eigene Baufinanzierung. Damit steigen für Bauherren also auch die tatsächlichen Kosten für den langfristigen Vermögensaufbau.

Generell gesprochen ist zudem eine Abnahme der wirtschaftlichen Aktivität denkbar – was auch das Ziel von Zinserhöhungen ist. In der Ökonomielehre gelten steigende Zinssätze als effektives Mittel um zu hohe Inflationsraten zu bekämpfen, da mit der Verteuerung von Fremdkapital weniger investiert wird, was wiederum die wirtschaftliche Aktivität reduziert. Die Verknappungen, die in der Folge auf der Angebotsseite stattfinden, werden bei einer gleichbleibenden oder sogar steigenden Nachfrage damit auf natürliche Weise zu Verteuerungen führen. Dem entgegen steht der Effekt, dass viele Verbraucher ihr Geld in solchen Zeiten selbst lieber behalten – um es auf Konten verzinsen zu lassen oder einfach deshalb, weil bereits weitergegebene Kosteneffekte die Haushaltskasse zu stark strapazieren, was wiederum in einer Konsumeinschränkung resultiert.

 

Selbst kleine Kostenpositionen können sich in erheblichen Mehrkosten aufaddieren

Der Immobiliensektor ist so anfällig keine zweite Branche gegenüber steigenden Zinsen, weshalb sich da auch die größten Verbraucherkosteneffekte beobachten lassen. Aber auch abseits der Braubranche und beispielsweise der Industrie können steigende Zinsen zu überschaubaren Mehrkosten führen, deren Effekt sich erst nach dem Aufaddieren dieser in der Summe zeigt.

So werden Restaurantbesuche teurer, bedingt durch höhere Finanzierungskosten und Arbeitgeberkosten der Gastronomen. Selbiges gilt für die Hotellerie und beispielsweise Tabakwaren – wobei diese auch maßgeblich Steuereffekten unterliegen. Preissteigerungen manifestieren sich außerdem überall da, wo Geräte produziert werden, erneut durch die höheren Finanzierungskosten der Unternehmen. Verteuerungen bei Küchengeräten, Smartphones und Tablets oder beispielsweise Innenausstattung sind also ebenso denkbar. Eng an die staatliche Infrastruktur gekoppelte Unternehmen erhöhen im Zuge dessen erwartungsgemäß ebenso ihre Kosten, was zu höheren Beträgen für Porto und Telekommunikation führen kann.

Und auch wenn Dienstleisterbranchen, wie zum Beispiel der Friseur, oft nur überschaubare Fremdkosten haben, wirken sich die Effekte doch indirekt auf Eigentümer und Mitarbeiter aus – weshalb auch hier Mehrkosten zu erwarten sind. Diese Effekte würden sich erst dann auflösen, wenn die Kombination aus steigenden Zinsen und Inflation zu einem erheblichen Rückgang auf der Nachfrageseite führt und die Angebotsseite wiederum einen Preiskampf mit Wettbewerbern eingehen muss.

 

Steigende Zinsen können Chance und Fluch zugleich sein

Wer über signifikante Geldmittel verfügt, kann durch steigende Zinsen profitieren, indem solche Geldwerte nun besser als noch vor zwei oder drei Jahren verzinst werden. Laufende Verbindlichkeiten hingegen führen zu erheblichen Mehrkosten – und auch bei alltäglichen und außerplanmäßigen Anschaffungen ist, solange die Nachfrage sich nicht reduziert, mit steigenden Verbraucherkosten zu rechnen.

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Giacomo Hermosa ist 37 Jahre alt, Vater von zwei Kindern und verheiratet. Vor elf Jahren hat er die Magister der Biologie und Anglistik erfolgreich absolviert. Hier hat er sich interdisziplinär mit den Themen Bioverfügbarkeit und Medizinalhanf beschäftigt. In seiner Freizeit schreibt er v.a. in den Bereichen Fitness, Ernährung und – familiär bedingt – über einige besondere Autoimmunerkrankungen. Seine Veröffentlichungen findet man u.a. auf seiner Website und bei der taz.