Wenn die meisten Anleger an Vermögensschutz in Übersee denken, ist die erste Möglichkeit, die ihnen in den Sinn kommt, das traditionelle Schweizer Bankkonto. Dies hat sich tatsächlich zu einem virtuellen Stereotyp des Vermögensschutzes entwickelt, höchstwahrscheinlich weil die Schweizer Banken im Vergleich zu anderen Nationen am längsten in diesem Bereich der Gelddienstleistungen tätig sind.
Historie
Die Schweiz hat sich lange Zeit politisch vom Rest Europas distanziert; sie hat in beiden Weltkriegen Neutralität bewahrt (was zu Vorwürfen führte, sie habe sich mit den Nazis verbündet); sie ist kein EU-Mitglied und ist erst 2002 den Vereinten Nationen beigetreten. Christoph Meili, ein Sicherheitsbeamter der Schweizerischen Bankgesellschaft, wurde zu einem prominenten Whistleblower, als er 1997 die Beschädigung von Geldunterlagen aus der Zeit des Holocausts verhinderte und die Öffentlichkeit darauf aufmerksam machte. Infolgedessen verlor Meili seinen Auftrag, erhielt Todesdrohungen und wurde der erste und einzige Schweizer, dem in Amerika politisches Asyl gewährt wurde. Nachkommen von Holocaust-Opfern behaupten, dass die Schweizer Banken trotz der Verzichtserklärungen der letzten Jahre immer noch einen Teil der Gelder ihrer Vorfahren einbehalten.
Trotz ihrer eher unappetitlichen Vergangenheit hat die Schweiz traditionell viel zu bieten, was sie als Zufluchtsort für Vermögenswerte empfiehlt. Sie ist eine stabile westliche Nation mit einem anerkannten Rechtssystem, so dass Finanziers nach einem Putsch oder einer Programmänderung keine unerwarteten Überraschungen erleben werden.
Die Geldanlage in der Schweiz
Das Bankwesen in der Schweiz steht für Stabilität, Beständigkeit, persönliche Privatsphäre und Schutz von Kundeneigentum und Informationen. Das Bankgeheimnis hat in der Schweiz eine lange Tradition, die bis ins Mittelalter zurückreicht, aber erst 1934 durch ein Gesetz offiziell kodifiziert wurde. Alle Schweizer Banken werden von der Eidgenössischen Bankenkommission (EBK) reguliert, die ihre Befugnisse aus einer Reihe von Bundesgesetzen bezieht. Der Bankensektor ist ein bedeutender Markt in der Schweiz, in dem etwa 5 bis 6 % der Arbeitskräfte beschäftigt sind und der 14 bis 15 % des jährlichen BIP erwirtschaftet. Es wird geschätzt, dass etwa ein Drittel der Offshore-Gelder bei Schweizer Banken angelegt sind. Die UBS AG und die Credit Suisse sind die beiden grössten Schweizer Banken, die mehr als 50 % aller Einlagen in der Schweiz halten.
Das Bankgeheimnis ist zwar nach Schweizer Recht garantiert, in der Praxis aber nicht uneingeschränkt. Während die Geheimhaltung gesichert ist, sind alle Sparkonten mit einer anerkannten Person verknüpft, und ein Richter oder Staatsanwalt kann eine «Aufhebungsanordnung» erlassen, um den Strafverfolgungsbehörden Zugang zu Informationen zu gewähren, die für eine strafrechtliche Untersuchung erforderlich sind. Das Schweizer Recht unterscheidet zwischen Steuerhinterziehung und Steuerbetrug. Wenn Geld nicht angegeben wird, gilt dies als Steuerhinterziehung, die nach Schweizer Recht eine Ordnungswidrigkeit darstellt. Steuerbetrug, wie das Einreichen gefälschter Steuererklärungen, gilt jedoch als Straftat.
Um die Nutzung von Schweizer Banken durch böse Buben zu verhindern, schreibt das Geldwäschereigesetz die Identifizierung von Kontoinhabern vor und verlangt die Meldung verdächtiger Transaktionen an die Meldestelle für Geldwäscherei. Nach dem 11. September 2001 war die Schweiz eines von mehreren Ländern, die sich an gemeinsamen Task Forces zur Bekämpfung der Finanzierung des Terrorunternehmens Al-Queda beteiligten.
Politisches Umfeld
Aufgrund des hohen Bekanntheitsgrades der Schweiz in der weltweiten Bankengemeinschaft ist sie von vielen Nationen, darunter auch den USA, unter Druck geraten, ihre Datenschutzgesetze zu ändern. Mitglieder der Europäischen Union beschweren sich darüber, dass ihre Staatsangehörigen die problemlosen Dienstleistungen in der Nähe der Schweiz nutzen, um eine Besteuerung in ihrem Heimatland zu vermeiden. Die EU arbeitet an einer harmonisierten Steuerroutine zwischen ihren Mitgliedstaaten, und die Schweizer Bankbehörden (und einigen Umfragen zufolge auch die Öffentlichkeit) sind gegen eine stärkere Integration. Dennoch gibt es eine gewisse Zusammenarbeit, und seit dem 1. Juli 2005 erhebt die Schweiz eine Quellensteuer auf Zinserträge auf Schweizer Privatkonten von EU-Bürgern.
In den Jahren 2001 und 2002 wandte die italienische Regierung eine minimale Amnestie für Steuerhinterzieher mit Schweizer Konten an, was zur Rückführung von 30 bis 35 Milliarden Euro führte. Im Jahr 2003 wurde ein weiteres Amnestieprogramm dieser Art in Deutschland durchgeführt. 2003 kündigten die USA einen neuen Vertrag über den Informationsaustausch im Rahmen des zuvor unterzeichneten Einkommensteuerabkommens zwischen den USA und der Schweiz an, um den Austausch von Steuerdaten effektiver zu gestalten.
Schweizer Nummernkonten sind in der Öffentlichkeit als Bastionen der Geheimhaltung bekannt, doch in Wirklichkeit sind die für die Eröffnung eines solchen Kontos erforderlichen Angaben die gleichen wie bei einem gewöhnlichen Konto; völlig vertrauliche Konten sind gesetzlich verboten. Der einzige Unterschied zwischen einem Nummernkonto und einem gewöhnlichen Konto besteht darin, dass die persönlichen Daten, die solche Konten betreffen, nur leitenden Bankangestellten vorbehalten sind und nicht allen Bankangestellten zugänglich sind. Bei strafrechtlichen Ermittlungen können die Strafverfolgungsbehörden genauso schnell auf die Daten des Inhabers eines Nummernkontos zugreifen wie auf die eines regulären Kontos.
Fazit
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass jeder, der einen rechtmässig erworbenen Kapitalbetrag in einer sicheren Offshore-Immobilienoase aufbewahren möchte, Schweizer Banken als eine sichere Sache betrachten sollte. Aufgrund ihres hohen Bekanntheitsgrades bieten diese Banken jedoch möglicherweise weniger Garantien für den Schutz der Privatsphäre als weniger bekannte und weniger sorgfältig überwachte Länder wie die Turks- und Caicosinseln oder Guernsey.